Spannungsfeld Männlichkeit: Wie ist die Plan International Befragung einzuordnen?
In einer Befragung von Plan International zum Thema Männlichkeit wird deutlich, dass ein großer Teil der jungen Männer stereotype Rollenbilder vertritt. Das äußert sich sowohl bei den Erwartungshaltungen an Männer, als auch an Frauen.
In einer Befragung von Plan International wurden 1.000 Männer im Alter von 18 bis 35 Jahren zum Thema Männlichkeit befragt. Die Befragung zeigt, dass Männerbilder im Kampf gegen Sexismus miteinbezogen werden müssen. Unter den Ergebnissen sticht hervor, dass 33 Prozent der Befragten Gewalt gegen Frauen grundsätzlich in Ordnung finden: Sie gaben an, dass es akzeptabel sei, wenn ihnen beim Streit mit der Partnerin „gelegentlich die Hand ausrutscht“.
Dass etwa ein Drittel der befragten jungen Männer Gewalt gegen Frauen in Ordnung findet, ist alarmierend. Das Problem geht aber über diese Gruppe hinaus: Gewalt gegen Frauen ist nicht nur ein individuelles Problem, sondern Ergebnis von sexistischen Vorstellungen und Rollenbildern. Die Ergebnisse der Befragung verweisen auf stereotype Rollenbilder bei einem großen Teil der befragten Männer, die sich auf Sexualität und die Arbeitsteilung innerhalb einer Beziehung oder Ehe beziehen. Die Rollenbilder und Erwartungen richten sich auch an Männer. So tun sich viele schwer, Gefühle zu zeigen, da dies als weniger männlich empfunden wird.
Gegen die Sichtbarkeit männlicher Homosexualität in der Öffentlichkeit haben 48% der Befragten Vorbehalte. 42% der befragten Männer verteilt „schon mal einen Spruch“ an Männer, die „verweichlicht“ oder „feminin“ auf sie wirken. In stereotypen Rollenbildern wird eine Männlichkeit konstruiert, die einen „starken Mann“ einer „schwachen Frau“ gegenüberstellt. Ergebnis davon ist unter anderem, dass Männer eher zu Gewalt gegen Frauen neigen und Männer, die nicht in dieses Rollenbild passen, diskriminiert werden. Solche Vorstellungen begünstigen sexistisches Verhalten – sie rechtfertigen Gewalt aber auch im Nachhinein.
Kritik an der Befragung gab es vor allem aufgrund fehlender Transparenz: Weder gab es eine Aufschlüsselung nach den erhobenen Kategorien (Alter, Bildung und Wohnort), noch nach möglichen Antwortmöglichkeiten. Diese fehlende Transparenz der Befragung erschwert eine wissenschaftliche Einordnung. Wir verweisen dennoch auf die Befragung, da die Ergebnisse trotz möglicher Verzerrungen alarmierend sind und auch andere Befragungen (z.B. Leipziger Autoritarismus-Studie) ähnliche Ergebnisse melden.
Dr. Dag Schölper, Geschäftsführer des Bundesforum Männer und Bündnispartner im Bündnis “Gemeinsam gegen Sexismus” zur Umfrage von Plan International:
“Die vorgelegten Zahlen sind beunruhigend und bestätigen den eklatanten Mangel an geschlechterreflektierter Jungen- und Männerarbeit, die letztlich auch gewaltpräventiv wirken würde. Es fehlen dringend männliche Fachkräfte in Kitas, Schulen oder der Kinder- und Jugendhilfe, die eine Vorbildfunktion einnehmen und klar machen, dass Gewalt eben kein akzeptables Mittel oder „normal“ ist. Hier ist auch die Gleichstellungspolitik gefordert, den Fokus auf die Arbeit mit Jungen und Männern und ihren tatsächlichen Bedarf zu richten und entsprechende finanzielle Mitteln bereitzustellen.”