Maßnahmen

Sexismus ist manchmal leicht zu erkennen, oft begegnet er uns jedoch erst auf den zweiten oder dritten Blick. Er ist im Alltag vieler Menschen, in den Medien und in gesellschaftlichen Debatten präsent. Doch was bedeutet Sexismus eigentlich, was sind seine Ursachen und wie erkenne ich ihn? Hier finden Sie Informationen.

In der Arbeitswelt
Kultur und Medien
Im öffentlichen Raum
1.
Haltung zeigen
  • Richtet sich an: Führungskräfte
  • Zielt auf: Haltung

Einzelne Maßnahmen gegen Sexismus einzuführen, ist wichtig. Ihre volle Wirkung entfalten sie jedoch erst, wenn Organisationen über die Führungskräfte die klare und konsistente Botschaft kommunizieren, dass sie Sexismus ablehnen. Dabei geht es nicht nur um formelle Erklärungen und Verstärkung (etwa durch vorgeschriebene Schulungen zu Leitlinien und die Durchsetzung von Sanktionen), sondern vor allem um informelle Verstärkung – durch das alltägliche Verhalten oder beiläufige Bemerkungen von Führungskräften. Je geschlossener eine Organisation in ihrer Haltung auftritt, desto einfacher wird es, Sexismus auf organisationaler Ebene zu bekämpfen (Smith 2017).

Nützliches
2.
Betriebliche Bestandsaufnahme
  • Richtet sich an: Mitarbeiter/-innen, Führungskräfte, Betriebsrat
  • Zielt auf: Struktur zum Sichtbarmachen von Sexismus

Sexismus ist im Alltag so normalisiert, dass er von vielen immer noch unterschätzt oder nicht wahrgenommen wird. Somit kann es ein Augenöffner sein, in der eigenen Organisation anonymisierte Umfragen durchzuführen und Zahlen und Fakten rund um das Thema Sexismus – und andere Formen von Diskriminierung – zusammenzutragen. Wie viele Frauen und Männer finden sich in den Führungspositionen auf den verschiedenen Ebenen? Gibt es eine Ungleichbehandlung der Geschlechter beim Arbeitsentgelt? Und als wie sexistisch nehmen Frauen und Männer die Unternehmenskultur wahr?

Anhand der Umfragen und Zahlen lassen sich Zielgrößen und Maßnahmen vereinbaren. Es kann beispielsweise beschlossen werden, den Anteil an Frauen in Führungspositionen innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu erhöhen oder durch Schulungen einen Wandel der Unternehmenskultur zu unterstützen. Ein gutes Beispiel für die Integration einer betrieblichen Bestandsaufnahme in die Abläufe im Unternehmen bietet Raytheon Anschütz, Hersteller von Navigationssystemen. Es hat das Thema sexuelle Belästigung in seinen gesetzlich vorgeschriebenen Fragebogen zur Gefährdungsbeurteilung aufgenommen. Beschäftigten wird also die Frage gestellt, ob sie sexuell belästigt wurden, und sie können anonym darauf antworten. Der Betriebsrat hat zwar keinen Hinweis darauf, wer die Person ist, erfährt aber, in welchem Bereich der Übergriff stattgefunden hat, und kann entsprechend tätig werden.

Nützliches

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Instrumente entwickelt, mit denen Unternehmen ihre Gleichbehandlungsstandards überprüfen können:

  • Der eg-check ist ein Set von Analyseinstrumenten zur Prüfung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern. Mögliche Ursachen von Entgeltungleichheit können erkannt und Maßnahmen abgeleitet werden:
    www.eg-check.de
  • Der gb-check ist ein Set von Analysewerkzeugen zur Prüfung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern im Arbeitsleben. Es ermöglicht eine Einschätzung, inwieweit Unternehmen und Institutionen die Gleichbehandlung der Geschlechter bereits gewährleisten, und zeigt Wege zu mehr Gleichbehandlung auf:
    www.gb-check.de
3.
Leitlinien gegen Sexismus und sexuelle Belästigung erstellen
  • Richtet sich an: Mitarbeiter/-innen, Führungskräfte
  • Zielt auf: Prävention

Leitlinien oder Verhaltenskodizes sind ein wichtiger Schritt, um gegen Sexismus vorzugehen und dieses Vorgehen für alle Beteiligten transparent zu gestalten. Zu Beginn wird darin klar und formell erklärt, dass sexistisches Verhalten und sexuelle Belästigung innerhalb der Organisation nicht toleriert werden und dass die Leitlinien den Mitarbeitenden weithin zugänglich gemacht werden. Im nächsten Schritt wird genau definiert, welches Verhalten nicht erwünscht ist – dabei ist eine Beachtung der rechtlichen Vorgaben des AGG sinnvoll. Darüber hinaus können gewünschte Verhaltensregeln positiv erwähnt und auf mögliche Sanktionen hingewiesen werden. Für den Fall, dass der Kodex missachtet wird, sind Verfahren für die Einreichung von Beschwerden einzurichten, Beschwerden schnell und gründlich zu untersuchen und sofortige Abhilfemaßnahmen zu ergreifen (Smith 2017: 32). Leitlinien sollten sichtbar eingeführt werden, etwa bei einer Veranstaltung, in der Führungskräfte sie öffentlich präsentieren.

Nützliches

Beispiele für Verhaltenskodizes unserer Dialogforenteilnehmer*innen:

4.
Dienst- oder Betriebsvereinbarungen
  • Richtet sich an: alle Beschäftigten
  • Zielt auf: Prävention gegen sexuelle Belästigung und Sexismus

Betriebs- und Dienstvereinbarungen – als Verträge zwischen Arbeit gebendem Unternehmen und Betriebsrat beziehungsweise zwischen Dienststellenleitung und Personalrat (im öffentlichen Dienst) – können eingesetzt werden, um klarzustellen, dass sexuelle Belästigung und sexistische Äußerungen unerwünscht sind und partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz erwartet wird. Auch auf Sanktionsmöglichkeiten und Vorgehensweisen kann hier hingewiesen werden. Damit schaffen die Vereinbarungen rechtliche Rahmenbedingungen, Transparenz und Handlungssicherheit für Verantwortliche. Zur Prävention gegen Sexismus bieten sich zwei Themen an: eine Vereinbarung dezidiert zum Thema sexuelle Belästigung und eine Vereinbarung zum Thema Arbeitsklima, die Werte wie Gleichbehandlung, Toleranz und kollegiales Verhalten hervorhebt. Letztere kann auch auf andere Diskriminierungsformen wie Rassismus oder LSBTIQ -Feindlichkeit ausgeweitet werden. Dabei ist es sinnvoll, Selbstorganisationen von Betroffenen, etwa von Migrantinnen und Migranten, miteinzubeziehen.

Nützliches
5.
Informationsmaterialien zu sexueller Belästigung bereitstellen und Verteilen
  • Richtet sich an: Mitarbeiter/-innen, Führungskräfte
  • Zielt auf: Prävention

Zum Thema sexuelle Belästigung gibt es klare gesetzliche Regelungen und auch viel Wissen aus Forschung und Praxis. In vielen Betrieben ist allerdings bisher wenig von diesem Wissen angekommen (Schröttle/Meshkova/ Lehmann 2019: 88). Doch sowohl von sexueller Belästigung Betroffene als auch Führungspersonen in Unternehmen wünschen sich diese Informationen (ebd.: 38). Informationsmaterialien bereitzustellen, gegebenenfalls in mehreren Sprachen, ist daher ein wichtiger Schritt und immer auch ein Statement, dass das Arbeit gebende Unternehmen das Thema sexuelle Belästigung ernst nimmt. Schon alleine das kann dazu führen, dass Betroffene eher bereit sind, sich zu offenbaren und gegen Belästigung vorzugehen. Ein guter Anlass, um Materialien, Maßnahmen und Ansprechpersonen vorzustellen, ist eine Betriebs- oder Personalversammlung.

Nützliches
  • Im Projekt „make it work!“ hat der Bundesverband der Frauennotrufstellen umfangreiche Materialien entwickelt, um über sexuelle Belästigung aufzuklären:
    www.frauen-gegen-gewalt.de
6.
Sensibilisierungstrainings Durchführen
  • Richtet sich an: Führungskräfte, Mitarbeiter/-innen, Interessenvertretungen/Betriebs- und Personalräte
  • Zielt auf: kritische Haltung gegenüber Stereotypen und subtilen Sexismen

Trainings gegen Sexismus und andere Formen von Diskriminierung, oft unter dem Stichwort Diversity-, Unconscious-Bias- oder Gender-Awareness-Trainings bekannt, regen die Teilnehmenden zur Reflexion der eigenen Vorurteile und Verhaltensweisen an. Trainings können als Halbtagsveranstaltungen, Ganztagsveranstaltungen oder in ganzen Reihen gebucht werden, finden als Präsenzveranstaltung oder online statt. Es gibt eine Vielzahl von freiberuflichen Trainerinnen und Trainern sowie Organisationen, die diese Trainings anbieten. Ratsam ist es, die Erfahrungen und Methoden der Trainer*innen genau zu prüfen, denn Trainer*in ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Wie Forschungsergebnisse zeigen, sind insbesondere solche Trainingsformate effektiv, die nicht auf reine Wissensvermittlung, sondern auf Austausch und emotionale Erfahrung angelegt sind. Organisationen sollten sich darüber bewusst sein, dass manche Personen auf Trainings zu diesem sensiblen Thema auch mit Abwehr reagieren und sich sogar in ihrer ablehnenden Haltung bestätigt sehen. Eine Trainingsreihe sollte bevorzugt mit Führungskräften beginnen, da diese den größten Einfluss auf die Organisationskultur haben. Auch Empowerment-Trainings zur Stärkung diskriminierter Gruppen können eine sinnvolle Maßnahme sein.

7.
Speak-Up-Kultur: Sexismus konfrontieren lernen – und mit Konfrontation umgehen
  • Richtet sich an: Mitarbeiter/-innen, Führungskräfte
  • Zielt auf: Haltung gegenüber Stereotypen und subtilen Sexismen

Als wirksame Intervention gegen Sexismus erweist sich die direkte Konfrontation. Wird die Person, die sich sexistisch äußert oder verhält, direkt darauf angesprochen, schafft das größeres Bewusstsein für Sexismus – und zwar bei allen Beteiligten. Organisationen sollten allerdings klar kommunizieren, dass Konfrontationen erwünscht sind und Personen, die Sexismus benennen, nicht als Störenfriede gesehen werden. Eine Organisationskultur, die Konfrontationen begrüßt und fördert, nennt man auch Speak-up-Kultur. Ohne Speak-up-Kultur droht Sexismus benennenden Personen, vor allem Frauen, erhebliche soziale Stigmatisierung: Sie werden oft als hysterisch wahrgenommen und müssen unter Umständen sogar Nachteile in ihrer beruflichen Laufbahn hinnehmen. Wenn Männer Sexismus ansprechen, werden sie hingegen oft ernster genommen als Frauen (Becker/Zawadzki/Shields et al. 2014: 606). Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, Männer in die Strategien zur Bekämpfung von Sexismus aktiv einzubinden. Eine entscheidende Rolle bei der Implementierung einer Speak-up-Kultur spielt die Vorbildfunktion der Führungskräfte (siehe auch Maßnahme: Haltung zeigen).

8.
Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Männer
  • Richtet sich an: Väter und Männer mit Sorgeverantwortung
  • Zielt auf: Abbau von einengenden Geschlechterrollen

Beruf und Familie vereinbaren zu können, ist in immer mehr Unternehmen Teil des Employer Brandings und zeigt sich in der Einführung von familienfreundlichen Arbeits- und Meetingzeiten, einer Abkehr von Präsenzkultur sowie Teilzeitangeboten und Jobsharing. Familienfreundlichkeit rechnet sich: Unternehmen binden damit qualifizierte Fachkräfte an sich und fördern die Zufriedenheit ihrer Beschäftigten. Damit Familienfreundlichkeit jedoch nicht die stereotype Rollenverteilung fördert, ist es wichtig, solche Maßnahmen auch explizit und aktiv Männern anzubieten, zum Beispiel durch Beratungen. Denn viele Väter scheuen immer noch davor zurück, vollumfänglich Elternzeit zu nehmen oder in Teilzeit zu arbeiten, weil sie Nachteile für ihre Karriere befürchten.

Nützliches
  • Das Netzwerk „Erfolgsfaktor Familie“ bietet viel Praxiswissen für Familien und Unternehmen zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie:
    www.erfolgsfaktor-familie.de
9.
Empowerment-Trainings für Betroffene
  • Richtet sich an: Betroffene von Sexismus
  • Zielt auf: Stärkung der Betroffenen

Das Stichwort Empowerment vereint verschiedene Strategien, die das Selbstwertgefühl von Frauen (und anderen diskriminierten Gruppen) stärken sollen und sie darin unterstützen, ihre Interessen eigenmächtig zu vertreten. In moderierten Empowerment-Trainings tauschen diskriminierte Gruppen in geschützten Räumen ihre Erfahrungen aus und entwickeln gemeinsame Handlungsstrategien – unter Ausschluss der priviligierteren gesellschaftlichen Gruppen und bestehenden Machtverhältnisse. Manche Trainings stärken zusätzlich auch individuelle Fähigkeiten wie die rhetorische Kompetenz oder den Umgang mit Konflikten. Geleitet werden Empowerment-Prozesse von Fachleuten, die selbst von Diskriminierung betroffen sind und die entsprechenden Methoden sowie Erfahrungswissen mitbringen.

Nützliches
  • Die Bildungswerke politischer Stiftungen oder auch Gewerkschaften bieten Empowerment-Trainings an.
  • Mit dem Empowerment-Programm „MUT-MACHERINNEN*“ möchte DaMigra e. V. geflüchteten Frauen* das Ankommen in Deutschland erleichtern und ihnen mehr aktive Teilhabemöglichkeiten schaffen:
    www.damigra.de/projekte/mut-macherinnen/ueber-das-projekt
  • Der Bundesverband der Migrantinnen leistet im Bereich Arbeitsmarkt mehrsprachige Aufklärungs- und Vernetzungsarbeit:
    www.migrantinnen.net
10.
Beschwerdestelle einrichten
  • Richtet sich an: Betriebsrat, Geschäftsführung
  • Zielt auf: Struktur zur Aufdeckung und Ahndung von Diskriminierung und sexueller Belästigung

Seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes im Jahr 2006 haben Beschäftigte das Recht, sich beim Arbeit gebenden Unternehmen zu beschweren, wenn sie sich aufgrund von Herkunft, Aussehen, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität diskriminiert fühlen (§ 13 AGG). Arbeitgebende sind verpflichtet, eine Beschwerdestelle einzurichten, also eine Person oder Abteilung innerhalb ihres Betriebs zu benennen, die eine Beschwerde offiziell entgegennimmt. Bestätigt die Beschwerdestelle die Diskriminierung, ist der Betrieb verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

Zur konkreten Ausgestaltung der innerbetrieblichen Beschwerdestelle macht der Gesetzgeber kaum Vorgaben. Deshalb sind Beschwerdestellen in der Praxis unterschiedlich aufgestellt. Ein Beispiel: Die Ford-Werke GmbH hat die Beschwerde- und Beratungsstelle zusammengelegt. Dort können sich Menschen beraten lassen und eine Beschwerde vorbringen. Das Gremium wird aktiv, wenn die betroffene Person das möchte, es geht nach dem Auftragsprinzip vor. Die betriebliche Beratungsstelle ist paritätisch durch den Betriebsrat und die Geschäftsführung besetzt. Jeder Fall wird durch ein Mitglied des Betriebsrats und ein Mitglied der Geschäftsführung bearbeitet. Alle Mitglieder erhalten eine Mediationsausbildung.

Nützliches
11.
Erstberatung bei sexueller Belästigung
  • Richtet sich an: Betroffene von Sexismus
  • Zielt auf: Struktur zur Aufdeckung und Ahndung von Diskriminierung und sexueller Belästigung

Die Einrichtung einer Beschwerdestelle nach § 13 AGG ist nicht mit einer Beratung zu verwechseln. Wenn ein Fall von sexueller Belästigung der Beschwerdestelle gemeldet und von ihr angenommen wird, sind Maßnahmen – bei schweren Delikten wie sexueller Nötigung oder Vergewaltigung auch Strafanzeigen – unumgänglich. Betroffene wollen sich jedoch in der Regel erst einmal ergebnisoffen informieren, um sich über weitere Schritte Klarheit zu verschaffen. Deshalb ist es für einen Betrieb sinnvoll, Basiswissen über den Umgang mit sexueller Belästigung bereitzustellen und weitere externe Hilfsangebote – etwa psychologische und rechtliche Beratungen – zu kennen und empfehlen zu können. Die Beratungs- und die Beschwerdestelle können von derselben Person oder Abteilung betreut oder auf verschiedene Ansprechpersonen verteilt werden. Auch den Betriebs-/Personalrat einzubeziehen, ist hilfreich: Er kann zunächst mit der betroffenen Person die Situation und die Handlungsoptionen klären und die nächsten Schritte ausloten, bevor eine offizielle Beschwerde beim Arbeit gebenden Unternehmen ergeht.

Nützliches
12.
Expertinnendatenbanken erstellen (und nutzen)
  • Richtet sich an: Veranstaltungsteams von Podien, Fernsehredaktionen, Rekrutierende
  • Zielt auf: Sichtbarkeit und Vernetzung von Frauen

Aufgrund von sexistischen Klischees werden Frauen oft nicht als die Expertinnen wahrgenommen, die sie sind. Das Klischee, es gebe keine Expertinnen für manche Themen oder Jobs – zum Beispiel in den Naturwissenschaften oder technischen Berufen –, ist weit verbreitet. Tatsache ist aber: Wo nicht gesucht wird, wird auch nicht gefunden. Expertinnendatenbanken, die die Profile von Frauen sammeln und online zur Verfügung stellen, machen Frauen sichtbar und auffindbar und fördern dadurch auch ihre Vernetzung. Im deutschsprachigen Raum gibt es bislang nur wenige solcher Datenbanken, daher sind zunächst einmal Geldgebende oder Verbände gefragt, die die Finanzierung eines solchen Projekts übernehmen.

Nützliches

Beispiele aus Deutschland

Beispiele aus dem Ausland

13.
Mentoringprogramme
  • Richtet sich an: Mitarbeiterinnen (als Mentees), Führungskräfte (als Mentorinnen und Mentoren)
  • Zielt auf: Wissensvermittlung und Empowerment der weiblichen Talente

Mentoring, eine Art Patenschaft zwischen einem vielversprechenden Talent (Mentee) und einer erfahrenen Führungskraft (Mentor/-in), ist unabhängig vom Geschlecht der Teilnehmenden ein anerkanntes Verfahren zur Führungskräfteentwicklung und wird in Personalentwicklung und Recruiting viel genutzt. Werden bevorzugt Frauen als Mentees ausgewählt, so können Mentoringprogramme zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen beitragen, da sie einen Ausgleich zu männlich geprägten Netzwerken bieten, informelles Wissen vermitteln und das Selbstbewusstsein der Mentees stärken. Damit die Arbeitsbeziehung zwischen Mentor/-in und Mentee funktioniert, braucht es klare Absprachen, Verbindlichkeit und beiderseitiges Engagement. Zertifizierte Mentoring-Expertinnen und -Experten können etwa beim Matching von Mentee und Mentor/-in oder auch in der Vorbereitung und in der Betreuung der beteiligten Personen unterstützen.

Nützliches
  • Die Deutsche Gesellschaft für Mentoring e. V. (DGM)
    vernetzt Mentoring-Expertinnen und -Experten und
    zertifiziert hochwertige Mentoringprogramme:
    www.dg-mentoring.de
14.
Öffentlichkeitswirksame Kampagnen
  • Richtet sich an: Kund*innenkreis, Beschäftigte
  • Zielt auf: Prävention und Haltung

Nicht zuletzt die Aufmerksamkeit, die #MeToo stiftete, hat gezeigt, dass öffentliche Kampagnen – ob sorgfältig geplant oder spontan zu einem äußeren Anlass – das Bewusstsein der Menschen für Sexismus schärfen. Sogenannte Social-Norms-Kampagnen, die auf Verhaltens- und Einstellungsänderung ihrer Zielpersonen abzielen, werden in den USA seit vielen Jahren von Colleges, Universitäten, Gesundheitsämtern und NGOs eingesetzt (Berkowitz/Mathews 2004). Entwickelt werden Social-Norms-Kampagnen wie herkömmliche Marketingkampagnen auch. Für ihren Erfolg maßgeblich ist die sorgfältige Auswahl der Botschaft, die sich an Erkenntnissen der Verhaltenspsychologie orientieren sollte. Die Forschung zu sozialen Normen legt zum Beispiel nahe, dass die meisten Männer sich unwohl fühlen, wenn sie Zeuge von sexistischen Äußerungen und Verhaltensweisen werden. Gleichzeitig nehmen sie aufgrund ihrer eigenen Sozialisation und gängiger Männlichkeitsideale fälschlicherweise an, dass anderen Männern dieses negative Verhalten nicht unangenehm sei. Eine Kampagne kann verdeutlichen, dass Sexismus von vielen Menschen – Frauen und Männern – abgelehnt wird. Da Kampagnen von ihrer Verbreitung leben und aufwendig sind, kann es sinnvoll sein, sich dazu mit mehreren Organisationen zusammenzuschließen. Einen guten Anlass für Kampagnen bieten die verschiedenen Aktionstage, etwa der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November, der Internationale Frauentag am 8. März, der Equal Pay Day oder der Deutsche Diversity-Tag.

15.
Regelmäßiges Monitoring der Maßnahme
  • Richtet sich an: Führungskräfte
  • Zielt auf: Überprüfung der eingeleiteten Maßnahmen, strukturelle Veränderung

Betriebliches Monitoring beinhaltet die regelmäßige und systematische Beobachtung und Aufzeichnung von Fortschritten bei der Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen gegen Sexismus. Dieser Prozess schließt nicht nur die Sammlung von Daten ein, sondern auch deren Weitergabe an die Belegschaft. Monitoring soll Informationen zur Verfügung stellen, die für die Analyse der Situation und der Probleme der Zielgruppe nützlich sind, und überprüfbar machen, ob die aus den Maßnahmen entwickelten Angebote gut genutzt werden. Ferner soll es sicherstellen, dass alle Maßnahmen und Aktivitäten von den jeweils kompetenten Verantwortlichen pünktlich umgesetzt werden, und eine Einschätzung ermöglichen, ob die gesetzten Maßnahmen zur Zielerreichung beigetragen haben.

1.
Reflexion von sexistischen Praktiken
  • Richtet sich an: Kulturschaffende
  • Zielt auf: Veränderung der Struktur des Kulturbetriebs und seiner Inhalte

Um sexistische Darstellungen auf Bühnen und im Film zu ersetzen, ist eine Reflexion der gegenwärtigen Theater- und Filmarbeit nötig, die sich immer noch nicht von ihren historisch gewachsenen Geschlechtervorstellungen aus dem 19. Jahrhundert emanzipiert hat. Frauen seien nicht zu genialen schöpferischen Akten fähig – dieses und viele andere Vorurteile sind noch immer virulent. Das Theater entstand als rein männliche Welt, in der Frauen lediglich eine marginale Rolle zukam (Hänzi 2013). Ähnliches lässt sich auch für die anderen Kultursparten feststellen. In ihrem wegweisenden Essay „A Room of One’s Own“ monierte die Schriftstellerin Virginia Woolf schon 1929 das Fehlen weiblicher Sichtweisen. Feministische Kulturwissenschaftler/-innen wie die Britin Laura Mulvey (1989) kritisierten die männliche (und: weiße, heterosexuelle und bürgerliche) Perspektive in Theaterstücken und Filmen seit den 1970er-Jahren als „männlichen Blick“. Eine Reflexion der sexistischen Geschichte des Theaters und der aus ihr resultierenden Praktiken auf und hinter der Bühne beziehungsweise vor und hinter der Kamera erfolgt heutzutage in film-und theaterrelevanten Studiengängen, kann aber auch zu jedem späteren Zeitpunkt stattfinden, zum Beispiel auf Festivals oder in Workshops.

Nützliches
  • Die wenigen institutionellen Angebote zum Thema Kultur und Sexismus sind meist eingebettet in das Thema Diversity und Inklusion. Angebote für Berliner Institutionen bietet Diversity Arts Culture, ein Berliner Projektbüro für Diversitätsentwicklung:
    www.diversity-arts-culture.berlin
2.
Checklisten
  • Richtet sich an: Auftraggeber/-innen und Auftragnehmer/- innen von Film- und Theaterproduktionen, Filmfördernde, Drehbuchschreibende
  • Zielt auf: Sichtbarmachen und Reflexion von Sexismus, andere Verteilung von Fördergeldern

Zur besseren Beurteilung von Sexismus in Kulturproduktionen haben einige Personen und Institutionen Checklisten entwickelt. Der Bechdel-Wallace-Test oder der darauf aufbauende Mako-Mori-Test beispielsweise stellen wenige einfache Fragen zur Rolle von Frauen in Filmen. Im Bechdel-Wallace-Test lauten sie: Gibt es mindestens zwei Frauenrollen? Sprechen sie miteinander? Unterhalten sie sich über etwas anderes als einen Mann? Im Mako-Mori-Test wird gefragt: Hat der Film einen weiblichen Charakter mit eigenem Handlungsstrang, der nicht die männliche Geschichte stützt? Solche Fragen geben einen Anhaltspunkt, ob ein Film weibliche Lebensrealitäten behandelt oder ob Frauen im Plot nur dazu dienen, die Entwicklung einer männlichen Hauptfigur voranzutreiben. Mittlerweile gibt es erweiterte Listen, um auch andere Diversitätskriterien abzufragen, wie etwa den Kent-Test (intersektionale Perspektive), den Vito-Russo-Test (queere Charaktere) oder den DisRep-Test (Charaktere mit Behinderung). In Schweden nutzen einige Kinos den Test als Teil eines Ratingsystems für ihr Publikum. 2014 nahm der europäische Filmförderungsfonds Eurimages den BechdelTest in sein Bewerbungsverfahren auf, um Informationen über die Gleichstellung der Geschlechter in seinen Projekten zu sammeln (Council of Europe o. J.). Im Jahr 2018 begannen Drehbuchsoftware-Unternehmen, Funktionen zu integrieren, mit denen Autorinnen und Autoren ihre Drehbücher auf Geschlechterdarstellungen analysieren können (Ryzik 2018). 2020 führte die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein (FFHSH) eine offizielle Diversity-Checkliste ein, die auf die vielfältige Repräsentation vor und hinter der Kamera abzielt und Antragstellende dazu anregt, Filmstoffe kritisch zu hinterfragen (Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein 2020).

Nützliches
3.
Geschlechtergerechte Sprache
  • Richtet sich an: Kulturschaffende
  • Zielt auf: Sichtbarmachen von Frauen, Abbauen von Geschlechterstereotypen

Geschlechtergerechte Sprache nimmt die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in der Kommunikation ernst und vermeidet die sprachliche Diskriminierung von Trans- und Interpersonen. Im Deutschen wird gewohnheitsmäßig das generische Maskulinum verwendet: Männliche Substantive und Pronomen werden auch dann gebraucht, wenn alle Geschlechter gemeint sind. So wird aus einer Gruppe, die aus 99 Ärztinnen und einem Arzt besteht, eine Gruppe von 100 Ärzten. Durch die Verwendung des generischen Maskulinums verschwinden Frauen und nichtbinäre Personen im Sprachgebrauch (Journalistinnenbund o. J.). Studien haben gezeigt, dass der Gebrauch des generischen Maskulinums tatsächlich dazu führt, dass sich Menschen bei rein männlichen Berufsbezeichnungen in erster Linie Männer vorstellen – die Wirklichkeit wird nicht angemessen dargestellt, sondern verzerrt (Klein 2004). Die deutsche Sprache bietet zahlreiche Möglichkeiten, die Wirklichkeit korrekt abzubilden, etwa mit substantivierten Partizipien wie „Teilnehmende“ oder Genderzeichen wie „Teilnehmer/-innen“, „Teilnehmer*innen“ oder „Teilnehmer:innen“.

Nützliches
4.
Anreize schaffen: Genderincentives für Stoff- und Projektentwicklung
  • Richtet sich an: Filmfördernde
  • Zielt auf: höhere Beteiligung von Frauen an Produktionen

Das Österreichische Filminstitut (ÖFI), Österreichs größte Filmförderungseinrichtung, hat 2016 einen Maßnahmenkatalog zur verstärkten Beschäftigung weiblicher Filmschaffender beschlossen. Sein Herzstück ist ein Gender-Incentive: Weist ein Filmprojekt einen signifikanten Anteil an weiblichen Beschäftigten in Produktion, Regie, Drehbuch, Kamera, Schnitt, Ton, Kostüm und Szenenbild auf, erhält die Produktionsfirma automatisch zusätzliche Fördermittel in Höhe von 30 000 Euro, die für die Entwicklung neuer Projekte mit einem entsprechenden Frauenanteil verwendet werden können. Die anschließende Evaluierung der Maßnahme zeigte, dass in nahezu allen Positionen, die Gender-Incentive-Punkte brachten, der Anteil von Frauen gestiegen ist.

5.
Gender Budgeting: Fördergelder und Kulturbudgets an Gender-Aspekte binden
  • Richtet sich an: Organe der öffentlichen und privaten Kulturfinanzierung
  • Zielt auf: Strukturveränderung

Die Haushaltsplanung, also die Budgetierung öffentlicher Gelder, gilt als ein wichtiges politisches Steuerungsinstrument. Gender Budgeting will mit strategisch eingesetzten Instrumenten für Frauen und Männer sowie Mädchen und Jungen den gleichen Zugang zu den öffentlichen Haushaltsmitteln gewähren. Es wird in der EU seit Mitte der 1990er-Jahre als wirksames Mittel zur Durchsetzung von Gleichberechtigung gesehen (Frey 2010), ist aber in Deutschland auf Landesebene nur vereinzelt (hervorzuheben seien Hamburg, Rheinland- Pfalz, Sachsen-Anhalt und Berlin) und vorwiegend auf kommunaler Ebene verbreitet (Deutscher Bundestag 2016). Auf Bundesebene wird Gender Budgeting als Instrument nicht eingesetzt. Die Zuständigkeit für Gender Mainstreaming – und damit einhergehend Gender Budgeting – liegt bei den einzelnen Ressorts. In der Haushaltsaufstellung werden sogenannte Spending-Review-Verfahren mit einer Analyse der geplanten Ausgaben genutzt, um Genderwirkungen zu betrachten. Für die Kulturförderung würde Gender Budgeting bedeuten, dass etwa öffentliche Fördergelder, Gehälter, Honorare oder Preisgelder gleichermaßen auf Männer und Frauen verteilt würden. Gender Budgeting könnte an Theatern und Opernhäusern, bei öffentlich-rechtlichen Sendern, bei Filmfördereinrichtungen, Filmhochschulen und Festivals eingeführt werden.

In Österreich ist Gender Budgeting seit 2009 verpflichtend für Bund, Länder und Gemeinden (Budgetdienst Republik Österreich 2019: 15). Im österreichischen Bundesfinanzgesetz von 2018 wurde für den Bereich Kunst und Kultur beschlossen, dass der Frauenanteil der Einzelpersonenförderung des Bundes im Kunstbereich 49 Prozent betragen soll und Startstipendien zu 55 Prozent an junge Künstlerinnen vergeben werden sollen (ebd.: 19). Für den Bereich Film werden mindestens 50 Prozent des jährlichen Budgets für Arbeitsstipendien im Bereich Film durch das österreichische Bundeskanzleramt an Frauen vergeben.

Nützliches
6.
Quoten
  • Richtet sich an: staatlich geförderte Opern- und Theaterhäuser, Orchester und Theater- und Musikhochschulen, öffentlich-rechtliche Sendeanstalten, Filmförderinstitutionen, Filmhochschulen und Festivals
  • Zielt auf: Strukturveränderung, Verteilung von Machtpositionen und Sichtbarkeit von Frauen

Quoten helfen dabei, Zugänge für Frauen zur Kultur- und Medienbranche zu erleichtern und die Repräsentation von Frauen auf Bildschirmen und Bühnen zu erhöhen (Loist 2018). Die 2014 gegründete feministische Organisation Pro Quote Film (o. J.) fordert neben Gender Budgeting unter anderem:

  • eine ausgewogene Anzahl weiblicher und männlicher Rollen in der Gesamtheit der Filme und TV-Produktionen,
  • eine Einführung verbindlicher Zielgrößen für Frauen in Führungspositionen öffentlich-rechtlicher Sender und Filmförderinstitutionen,
  • paritätische Besetzung der Aufsichts-, Beratungs- und Vergabegremien sowie der Jurys von öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, Filmförderinstitutionen, Filmhochschulen und Festivals.

Die Filmproduktionsfirma Studio Hamburg hat sich bereits 2016 zu einer 50-Prozent-Quote für Regisseurinnen verpflichtet (Pro Quote Film o. J.). Die Degeto Film GmbH, Filmproduktionstochter der ARD, hat 2015 eine Frauenquote für Regisseurinnen von 20 Prozent eingeführt. Die von 300 Journalistinnen gegründete Gleichstellungsinitiative Pro Quote Medien konzentriert sich auf redaktionelle Führungspositionen verschiedener Ebenen und fordert hier 50 Prozent Frauen. Die Organisation Neue deutsche Medienmacher*innen kritisiert zudem, dass von den Chefredakteurinnen und -redakteuren der reichweitenstärksten Medienhäuser nur Sechs Prozent einen Migrationshintergrund haben – und niemand davon ist schwarz, muslimisch oder stammt aus einer der drei größten Einwanderergruppen in Deutschland (türkisch-, polnisch-, russischsprachig) (Neue deutsche Medienmacher*innen 2020). Die Organisation fordert daher eine Diversitätsquote von 30 Prozent und Journalist/-innen aus Einwandererfamilien, schwarzen Medienschaffenden und Journalist/-innen of Color in den deutschen Medien. Anna Serner, Chefin des Schwedischen Filminstituts, konnte mit ihrer Strategie konkreter Zielvorgaben von mindestens 40 Prozent geförderten Projekten von Frauen schnell ihr Ziel von Geschlechtergerechtigkeit erreichen (Swedish Film Institute 2020). Der britische öffentlich-rechtliche Rundfunk BBC hat 2020 weitreichende Diversitätsquoten verabschiedet: 50 Prozent der Moderations- und Sprechendenrollen sollen mit Frauen besetzt sein, mit zusätzlichen Zielvorgaben von 15 Prozent für Black, Asian and Minority Ethnic (BAME), 8 Prozent für Menschen mit Behinderung und 8 Prozent für LGBTIQ*-Mitarbeitende. Außerhalb der Sendung verspricht die BBC, den Anteil der mit Frauen besetzten Führungspositionen auf 50 Prozent zu erhöhen und den Anteil der von BAME Mitarbeitenden besetzten Führungspositionen von 11,5 auf 15 Prozent zu steigern.

Die 2017 gegründeten Organisation Pro Quote Bühne fordert neben Gender Budgeting und Gender Mainstreaming eine Frauenquote von mindestens 50 Prozent in allen künstlerischen Ressorts an Opern- und Theaterhäusern deutschlandweit, vor allem in Leitungspositionen. Dies umfasst Intendanzen, Direktionen und Regiepositionen. Des Weiteren:

  • eine ausgewogene Anzahl weiblicher und männlicher Autorinnen und Autoren, Dirigentinnen und Dirigenten sowie Rollen am Spielplan in der Gesamtheit jeder Spielzeit;
  • paritätische Ensembles und Orchester;
  • Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf;
  • paritätische Besetzung der Komissionen, in deren Verantwortung die Besetzung der Intendanz fällt;
  • paritätische Besetzung von Jurys, Hochschulen für Theater und Musik sowie Festivals.

Aufgrund dieser Forderungen hat sich das Berliner Theatertreffen, eine renommierte Kulturinstitution in Deutschland mit paritätisch besetzter Jury, zumindest für zwei Jahre eine Quote gegeben. Hier sind bei den Treffen 2020 und 2021 von zehn eingeladenen Stücken mindestens fünf von Regisseurinnen inszeniert.

Ebenso führte das Staatstheater Hannover 2019 unter der Leitung von Sonja Anders ein paritätisch besetztes Ensemble ein, besetzt auch Regiepositionen paritätisch und achtet auf eine ausgewogene, diverse Autorenschaft in jeder Spielzeit. Um Parität in allen künstlerischen Führungspositionen bemüht sind auch die Häuser in Potsdam unter der Leitung von Bettina Jahnke und das Theater in Konstanz unter der Leitung von Karin Becker.

Nützliches
1.
Sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum sichtbar verurteilen
  • Richtet sich an: Kommunen, Verkehrsbetriebe
  • Zielt auf: Sichtbarmachen und Prävention gegen sexualisierte Gewalt im öffentlichen Raum

Kampagnen und Aktionen können das Thema sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum und/oder in öffentlichen Transportmitteln ins Bewusstsein rücken und dazu beitragen, dass solche Tatbestände häufiger erkannt und angezeigt und mögliche Tatpersonen abgeschreckt werden. Der Vorteil des öffentlichen Raumes ist, dass sich hier ganz unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen aufhalten und erreicht werden können. Eine niedrigschwellige Variante zur Entwicklung einer eigenen Kampagne wäre das Erstellen von Stickern und Flyern sowie das Auslegen und Aushängen von Informationsmaterialien und Telefonnummern für Betroffene von sexualisierter Gewalt in öffentlichen Gebäuden oder im öffentlichen Personennahverkehr – und zwar mehrsprachig und barrierefrei.

Nützliches
  • Der Fachverband für Außenwerbung (FAW e. V.) bietet die Möglichkeit, vergünstigt eine Kampagne in den öffentlichen Raum zu tragen. Landesweit kann so für einen gemeinnützigen, nicht kommerziellen Zweck geworben werden. Die Außenwerbeunternehmen stellen hierzu ihre Werbeflächen zu den technischen Kosten – also ohne die üblichen Mediakosten – zur Verfügung.
    www.faw-ev.de
2.
Monitoring und Erforschung von sexistischen Vorfällen
  • Richtet sich an: Betroffene von sexualisierter Gewalt, Kommunen, Wissenschaft
  • Zielt auf: Strukturveränderung

Ein großes Problem im Kampf gegen Sexismus im öffentlichen Raum ist das fehlende Wissen über Taten und Orte. Fachleute vermuten eine hohe Dunkelziffer. Kommunen sind oft ratlos, wo sie Maßnahmen ansetzen müssen, um die Sicherheit und das Sicherheitsgefühl ihrer Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen. Hier können Umfragen oder Veranstaltungen zur bürgerschaftlichen Beteiligung helfen. Eine weitere niedrigschwellige Möglichkeit sind Smartphone-Apps: Betroffene können darin sexistische Vorfälle direkt melden, das verschafft den Verantwortlichen eine bessere Datenlage und erhöht die Transparenz. Die erste App für ein solches Monitoring, „HarassMap“, entstand 2011 am Rande der Revolution in Ägypten. Seitdem haben unter anderem mehrere Städte in Frankreich und Indien, Tokio, Brüssel oder Zürich Apps entwickelt, um sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum einzudämmen. Eine App ersetzt aber natürlich nicht die Notrufnummer 110, die immer dann gerufen werden sollte, wenn akute Gefahr für Leib und Leben besteht.

3.
Melde- und Anlaufstellen auf öffentlichen Feiern
  • Richtet sich an: Kommunen, Bürger/-innen
  • Zielt auf: Prävention gegen sexuelle Belästigung, Erste Hilfe bei sexueller Belästigung

Die kritische Männlichkeitsforschung, die sich mit den Auswirkungen männlicher Vorherrschaft auf Frauen und Männer auseinandersetzt, hat in verschiedenen Studien herausgefunden, dass Alkoholkonsum auf Festen und Festivals, in Bars oder Clubs die Hemmschwellen in Bezug auf sexuelle Belästigung sinken lässt (Thompson/Cracco 2008: 83). Ähnlich wie bei sexueller Belästigung an anderen Orten und zu anderen Zeiten auch, sind die Tatpersonen größtenteils männlich und die Opfer meist weiblich (Graham et al. 2014). Deshalb ist es sinnvoll, zu solchen Anlässen Vorkehrungen zu treffen, etwa durch Anlaufstellen oder Interventionen geschulter Awareness-Teams als Ansprechpersonen für Menschen, die sich unwohl fühlen (Barrière 2020). In Zusammenarbeit mit lokalen Frauennotruf- oder Beratungsstellen für Opfer von sexualisierter Gewalt können Kommunen vor Ort Anlaufstellen mit geschulten Ansprechpersonen einrichten.

Nützliches
4.
ÖPNV on Demand: Bedarfsorientierter ÖPNV für die letzte Meile zur Haustür
  • Richtet sich an: ÖPNV-Unternehmen und Fahrgäste
  • Zielt auf: Erhöhung des Sicherheitsgefühls

Um den öffentlichen Personennahverkehr komfortabler zu machen, haben einige ÖPNV-Unternehmen bedarfsorientierte Angebote eingerichtet, die die Aufenthaltszeit an Bushaltestellen verringern, Teile der Fahrt oder gleich die ganze Fahrt übernehmen. Diese Angebote bieten nicht nur einen erweiterten Service, sondern erhöhen auch das Sicherheitsgefühl, insbesondere nachts. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) starteten 2020 eine Ausschreibung für ein Rufbus-Projekt. In Gegenden mit schlechter ÖPNV-Anbindung sollen die Rufbusse Lücken schließen und Fahrgäste möglichst direkt zur Tram, S- oder U-Bahn bringen.
Die Verkehrsbetriebe der Stadt Hamburg (VHH) erproben bereits seit 2018 ein solches Shuttlekonzept: Elektroautos bringen den oder die Fahrgäste in ausgewählten Randbezirken von der Haltestelle zur Haustür. Die Fahrzeuge sind rund um die Uhr auf Abruf unterwegs und können über die App „ioki Hamburg“ bestellt werden. Der Service kostet einen Euro Aufpreis auf die reguläre Fahrkarte. Auch noch individuellere Ridesharing-Angebote wie BerlKönig (Berlin) oder MOIA (Hamburg) werden gut angenommen. Sie folgen ähnlich wie Taxis einem Rufprinzip und nehmen auf dem Weg mehrere Fahrgäste mit. Die BVG hat zusätzlich die App Jelbi eingeführt, die für eine individuelle Fahrstrecke mehrere Verkehrsmittel miteinander kombiniert, damit keine langen Wartezeiten entstehen.

5.
Strafrechtlich Relevante Vorfälle konsequent verfolgen
  • Richtet sich an: Polizei und Justiz
  • Zielt auf: Strukturveränderung

Die Reform des Sexualstrafrechts von 2016 hat den strafrechtlichen Schutz vor sexuellen Belästigungen deutlich verbessert. Die in der Strafverfolgungsstatistik ausgewiesene Zahl der Verurteilungen wegen sexueller Belästigung gemäß § 184i StGB ist in den ersten drei Jahren seit Inkrafttreten des neuen Straftatbestands überraschend hoch. Das zeigt, dass der neue Straftatbestand in der Praxis Wirkung entfaltet. Trotzdem bemängeln Opferanwältinnen und -anwälte, dass nicht alle Straftaten, die zur Anzeige gebracht werden, auch konsequent strafrechtlich verfolgt werden. So konstatiert Prof. Dr. Ulrike Lembke (2016), Richterin am Berliner Verfassungsgericht, dass Justiz und Behörden häufig noch veralteten moralischen Vorstellungen von Sexualität nachhingen und diese ihre Rechtsprechung beeinflussen würden. Verbreitet sei etwa die Annahme, Frauen würden durch ihr eigenes Verhalten (Alkoholkonsum, Kleidung) dazu beitragen, dass sie belästigt werden. Ins Reich der Mythen gehöre auch, dass es im Bereich von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung eine besonders hohe Zahl von Falschanzeigen gebe. Auch rassistische Stereotype wirken laut Aussagen von Betroffenen bei der Rechtsprechung und Strafverfolgung, wobei es hierzu keine Studien in Deutschland gibt. Weil infolge solcher Mythen entsprechende Straftaten in der Praxis nicht immer professionell gehandhabt würden, fordert der Deutsche Juristinnenbund (2018) bessere Informationen und Fortbildungen für Gerichte, Staatsanwaltschaften und Polizei.

6.
Beschwerden über sexistische Werbung im öffentlichen Raum
  • Richtet sich an: Kommunen, Außenwerbende, Bürger/-innen
  • Zielt auf: Stoppen und Verhindern von Sexismus in der Werbung, Sichtbarmachen von Sexismus

Einige Städte und Kommunen haben Beschwerdestellen für sexistische Werbung im öffentlichen Raum eingerichtet. In den meisten Städten dient der Deutsche Werberat als Beschwerdestelle. Er entscheidet anhand eines transparenten Kriterienkatalogs, ob Werbung sexistisch ist (oder auf andere Art und Weise diskriminierend) oder nicht. Die Mitglieder des Fachverbands für Außenwerbung (FAW), also die überwiegende Zahl der Unternehmen in Deutschland, die die Werbeträger unterhalten, unterstützen den Deutschen Werberat und befolgen die Verhaltensregeln gegen Herabwürdigung und Diskriminierung von Personen, zum Beispiel im Rahmen von Motivprüfungen vor dem Aushang der Werbung. Für Beschäftigte seiner Mitgliedsunternehmen organisiert der FAW hierzu Sensibilisierungstrainings, die der Deutsche Werberat durchführt. So soll bereits im Vorfeld ein geschulter Motivcheck gewährleistet sein.

Nützliches
7.
Gendergerechte Beteiligungsverfahren für die Stadtplanung
  • Richtet sich an: Stadtplaner/-innen
  • Zielt auf: Baumaßnahmen, die für vielfältige Nutzer/-innen optimiert werden

Beteiligungsprozesse von Ortsansässigen gelten im Städtebau als ein wichtiges Instrument, um eine hohe Akzeptanz für Baumaßnahmen bei den Bürgerinnen und Bürgern zu erreichen. Sie sind aufwendig, rechnen sich jedoch auf lange Sicht: Durch Beteiligungsverfahren fließen vielfältige Perspektiven ein, was die Planung bedarfsorientierter und nachhaltiger werden lässt. Damit Beteiligungsverfahren die Perspektiven aller Personengruppen gleichermaßen berücksichtigen, gibt es einiges zu beachten. So weisen konventionelle Formen der Beteiligung, wie etwa Versammlungen, Runde Tische, Meinungsumfragen und Anhörungen, Defizite auf, weil sich in diesem Rahmen meist diejenigen zu Wort melden, die wortgewandt und politisch engagiert sind. Ein großer Teil der von den Planungsergebnissen Betroffenen bleibt also unberücksichtigt. Deswegen sollte in diesen Beteiligungsformaten immer mit einer gender- und vielfaltbewussten Ansprache, Moderation und Ergebniskontrolle gearbeitet werden, um sicherzustellen, dass wirklich die unterschiedlichen Gruppen zu Wort kommen. Sinnvoll ist es, auch andere Beteiligungsformen ergänzend zu nutzen, etwa projektorientierte Arbeit in Workshops oder Arbeitskreisen, gemeinsame Spaziergänge mit Betroffenen durch ein Planungsgebiet oder Werkstattformate (Stadt Braunschweig o. J.: 26).

8.
Subjektives Sicherheitsgefühl durch Baumaßnahmen erhöhen
  • Richtet sich an: Kommunen, Bürger/-innen, ÖPNV-Fahrgäste
  • Zielt auf: Struktur

Städtebauliche Maßnahmen können das Sicherheitsgefühl der Stadtbewohner/-innen direkt beeinflussen und sich etwa auf die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auswirken. Die folgenden Hinweise beziehen sich auf die Planung neuer Verkehrswege und Wohngebiete sowie auf die Umgestaltung bestehender Orte, die bereits bei einem Monitoring als sogenannte Angstorte bekannt geworden sind. In der Verkehrsplanung gilt: Für Fußgänger/-innen sind tagsüber andere Kriterien wichtig als nachts. Während tagsüber vor allem die Sicherheit im Straßenverkehr und ein möglichst ansprechender Weg – zum Beispiel durch Parkanlagen – eine Rolle spielen, stehen nachts der Schutz vor Gewalt und das Sicherheitsgefühl im Vordergrund. Als besonders bedrohlich werden Unterführungen wahrgenommen. Falls sie unvermeidbar sind, sollten sie hell und geradlinig gestaltet werden, damit sie möglichst einsehbar sind. Damit Busse auch nachts genutzt werden, sollten Haltestellen in nächstmöglichem Abstand zu Wohnzonen gewählt werden, denn Sicht- und Hörbezüge zwischen bewohntem Gebiet und Wartebereich erhöhen das Sicherheitsgefühl. Die nähere Umgebung der Haltestelle sollte übersichtlich gestaltet und gut beleuchtet werden. An Knotenpunkten des öffentlichen Nahverkehrs außerhalb der Wohngebiete können zum Beispiel Kioske mit Abendverkauf eingerichtet werden (Glatt/Osswald 1997: 57–75).

Nützliches
  • Die Stadt Basel hat 1997 eine Umfrage zum Thema Sicherheit im öffentlichen Raum durchgeführt und daraufhin umfangreiche stadtplanerische Empfehlungen entwickelt: www.planungsamt.bs.ch
9.
Die Repräsentanz von Frauen im Stadtbild erhöhen
  • Richtet sich an: Stadtverwaltung, Bürger/-innen
  • Zielt auf: Sichtbarmachen, Abbau von Geschlechterstereotypen

Straßen, Plätze, öffentliche Gebäude und ihre Namen sind Bestandteil unseres Alltags im städtischen Raum. In Adressangaben, bei Wegbeschreibungen oder Ansagen in öffentlichen Verkehrsmitteln hört, liest oder sagt man sie – meist beiläufig und gänzlich unhinterfragt. Häufig wurden und werden Straßen, Plätze und öffentliche Gebäude zu Ehren wichtiger Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Gesellschaft benannt – und diese waren in der Vergangenheit in der Regel männlich. In Bremen (Regener 2017: 13) und in Berlin-Mitte liegt das Verhältnis zwischen Männer- und Frauennamen bei zehn zu eins; in anderen Städten und Gemeinden sieht es ähnlich aus. Durch diese Überrepräsentanz verstärkt sich unterbewusst der Eindruck, der öffentliche Raum sei ein männlicher. Viele Kommunen haben deshalb beschlossen, Straßen und Plätze künftig verstärkt nach Frauennamen zu benennen. Um das Geschlechterverhältnis hier zu verbessern, hat Berlin-Mitte zum Beispiel explizit geregelt, dass Namen von Frauen besondere Berücksichtigung finden sollen. Weil jedoch Umbenennung aufgrund des Aufwands, den etwa Anwohnende haben, in der Regel nicht erwünscht ist, wird eine 50/50-Verteilung nicht zu erreichen sein (Hobrack 2017).