Netzwerktreffen „Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum stärken“
Am 8. Oktober fand das Online-Netzwerktreffen des Bündnisses “Gemeinsam gegen Sexismus” zum Schwerpunktbereich öffentlicher Raum statt. In fachlichen Inputs und Diskussionen wurde das Thema „Sicherheitsempfinden im öffentlichen Raum“ aus theoretischer und praktischer Perspektive behandelt.
Der öffentliche Raum prägt maßgeblich fast alle Aspekte des Lebens: Neben Alltags- und Arbeitsleben auch die Freizeitplanung und das familiäre Miteinander. Er sollte für alle Bürger*innen gleichermaßen nutzbar sein, ihre Teilhabe und ihr Wohlbefinden ermöglichen – unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrem Alter, ihrer Herkunft, ihrem Gesundheitszustand oder davon, ob sie sich alleine oder als Gruppe, mit oder ohne Kindern darin aufhalten oder bewegen.
Das Sicherheitsempfinden stellt dabei eine wesentliche Bedingung für die Teilhabe am öffentlichen Leben dar. Die gefühlte Sicherheit kann sich bei einzelnen Menschen unterscheiden und muss nicht immer mit einer realen Gefahr zusammenhängen. Unsicherheitsgefühle und Ängste vor Gefahren können dabei unabhängig von Geschlecht oder anderen Diskriminierungen bestehen. Die Studie „Sicherheit und Kriminalität in Deutschland“ des Bundeskriminalamtes von 2020 zeigt, dass Frauen und Mädchen besonders stark von fehlendem Sicherheitsempfinden betroffen sind. So meiden sie insbesondere nachts häufiger bestimmte Orte, weichen Menschen aus, vermeiden den ÖPNV und verlassen aufgrund des fehlenden Sicherheitsempfindens seltener das Haus als Männer. Außerdem zeigen Ergebnisse der Studie „A long way to go for LGBTI equality“, dass Menschen der LGBTI-Community aus Angst vor Gewalt bestimmte Orte meiden und öffentlich keine sichtbare Zuneigung zu zeigen.
Wie beispielsweise Straßen und Parks beleuchtet werden, in welcher Frequenz öffentliche Verkehrsmittel fahren und wie die Haltestellen aufgebaut sind, spielt eine nicht zu übersehende Rolle in der Wahrnehmung und Einschätzung von Gefährdung. Aber auch das Verhalten anderer Menschen und das Gefühl der Abgeschiedenheit beeinflussen das Sicherheitsempfinden. Im Netzwerktreffen „Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum stärken“ wurden gestalterische und stadtplanerische Elemente besprochen, welche einen positiven Einfluss auf die gefühlte Sicherheit nehmen. Gleichzeitig stellten die Referentinnen Faktoren vor, welche das Sicherheitsempfinden beeinflussen und welche Maßnahmen Kommunen ergreifen können, um die gefühlte Sicherheit zu stärken.
Rund um das Thema „Sicherheitsempfinden im öffentlichen Raum stärken“ gab es drei spannende Inputs und anschließende Diskussionen:
Safe City – Sicherheitsempfinden und Angsträume: Dr. Cornelia Ehmayer-Rosinak, Gründerin von „STADTpsychologie“
Angsträume sind öffentliche, städtische Räume, die ein Unsicherheitsgefühl hervorrufen. Diese Räume haben oftmals eine schlechte Beleuchtung, Einsehbarkeit und sind wenig frequentiert. Angsträume sind ein intersektionales Problem. Sie tragen dazu bei, dass sich vor allem vulnerable Gruppen wie migrantisierte Frauen, Frauen mit Lebensmittelpunkt Straße und LSBTIQ*-Personen unsicher fühlen und ihr Bewegungsverhalten ändern.
Obwohl die meisten Verbrechen in privaten Wohnräumen stattfinden (80,3 %), gibt es signifikante Unterschiede im Sicherheitsempfinden zwischen Frauen und Männern im öffentlichen Raum. Nur etwa halb so viele Frauen wie Männer geben an, sich dort sehr sicher zu fühlen. Ein Grund dafür sind geschlechtsspezifische Belästigungen wie Catcalling oder Street Harassement.
Angstraumprävention und -beseitigung in Salzgitter: Simone Semmler, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Salzgitter
Die Gleichstellungsstelle der Stadt Salzgitter hat sich nach anfänglichen Zufallsfunden und wenigen Einzelmaßnamen das Ziel gesetzt, Angsträume zu beseitigen. Dies erhöht nicht nur die Lebensqualität der Bewohner*innen, sondern auch den Ort für die Wirtschaft. Sie setzen auf eine systematische Sensibilisierung und den Aufbau eines Angstraumkatasters. Je höher die Sichtbarkeit von vulnerablen Gruppen, desto besser und sicherer wird der öffentliche Raum.
Catcalling im öffentlichen Raum – Identifizierung von städtebaulichen Einflussmöglichkeiten: Sophie Finke, M.Sc. Raumplanung
Catcalling bezeichnet die Belästigung ohne Körperkontakt im öffentlichen Raum, dabei werden vor allem weiblich gelesene Körper sexualisiert. Catcalling basiert auf patriarchalen Geschlechterungleichheiten und ist ein Werkzeug zur Demonstration von Macht und Kontrolle. Mögliche städtebauliche Maßnahmen gegen Catcalling sind beispielsweise Kampagnen, Hilfsangebote, Einbezug von FLINTA* in Beteiligungsprozesse, Lichtkonzepte und ein gut ausgebautes Wegenetz.